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Schwierige politische Rahmenbedingungen

Energieversorgung Kampagne 2023

Turbulente Energiemärkte – alternatives Versorgungskonzept vorhanden

Schwierige politische Rahmenbedingungen

Energie­ver­sorgung Kampagne 2023

Turbulente Energiemärkte – alternatives Versorgungskonzept vorhanden

Von Ralf Heckmann, Südzucker AG, Zentraleinkauf

Vor knapp einem Jahr verhängte der russische Machtapparat einen kompletten Stopp der Gaslieferungen über die Ostseepiplines nach Europa und schockte damit die industriellen und privaten Gasabnehmer. Mit der schrittweisen Kürzung der Liefermengen in 2022 unter dem Vorwand von fadenscheinigen Gründen (wie der Wartung einer Turbine oder Reparatur angeblicher Lecks) wollte Moskau den Druck auf die Europäer und im Speziellen auf Deutschland erhöhen, um die im Zuge des Ukraine-Kriegs verhängten Sanktionen zu lockern.

Rückblick Sommer 2022

Aufgrund einer anziehenden Weltwirtschaft nach der Corona-Pandemie stiegen bereits seit Herbst 2021 die Gaspreise stark an. Mit dem Beginn des Ukraine-Kriegs und der gleichzeitigen Kürzung der Gasliefermengen aus Russland kletterten die Gaspreise dann auf immer neue Rekordniveaus, und erreichten am 31.08.2022 mit Preisen über 300 Euro/MWh im Spot ihren Höhepunkt. Deutschland und Europa stellte in dieser Zeit klar, dass man sich von Russland nicht erpressen lassen wird. Ende September sprengten Saboteure dann die beiden Ostseepipelines, was aber zu keinem weiteren Preispeak geführt hat (Preisentwicklung siehe Grafik).

Sommer 2023

In der Zwischenzeit sind die Großhandelspreise für Gas wieder deutlich gesunken. Die Gasflüsse nach Deutschland sind stabil und ausgeglichen, heißt es von der Bundesnetzagentur. Vor allem aus Norwegen, Belgien und den Niederlanden fließt Gas durch Pipelines nach Deutschland. Hinzu kommen Mengen über drei neue LNG-Terminals, die in Rekordgeschwindigkeit in Nord- und Ostseehäfen installiert wurden. Bis Ende diesen Jahres sollen weitere zwei Terminals in Betrieb genommen werden. Der im vergangenen Jahr oft verwendete Begriff der „Gasmangellage“ ist in diesem Jahr etwas in den Hintergrund gerückt. Die politische Diskussion im Zusammenhang mit Energiethemen drehte sich in diesem Jahr im Wesentlichen um Wärmepumpen, das Gebäudeheizungsgesetz und den Industriestrompreis. Die aktuelle Situation ist beruhigend, aber man darf das Risiko einer Gasknappheit nicht unterschätzen. Preisberuhigend wirken vor allem die hohen Füllstände der europäischen und deutschen Gasspeicher. Auch der geringere Gasverbrauch durch Sparmaßnahmen und Rückgänge in der industriellen Produktion entlasten die Märkte. Entscheidend werden aber die Temperaturen im Winter sein. Wird es einen sehr harten Winter geben, dann könnte es im Februar/März eng mit der Gasversorgung aus den Speichern werden. Dies ist mit einer der Gründe, warum die Gasmärkte in diesem Jahr sehr volatil auf exogene Einflüsse reagieren. Bestes Beispiel sind die für Anfang September angekündigten Streiks an einem LNG-Verladeterminal in Australien. Die Lieferungen von dort betreffen zwar nur den asiatischen Markt, beeinflussen aber weltweit die Preise.

Innerhalb eines Tages kam es zu einem Preisanstieg von 10 Euro/MWh an den Handelsplätzen für Gas.

Abgesehen von der Volatilität der Preise hat sich die Situation gegenüber dem letzten Winter auf dem gesamten Energiemarkt gravierend entspannt. Der Ölpreis zum Beispiel ist von seinem Höchststand Ende August 2022 (105 USD/Barrel9 wieder auf ein Niveau von 70-80 USD/Barrel gefallen. Wenn man den Aussagen der Experten der Bundesnetzagentur Glauben schenken darf, dann hält man eine Gasmangellage eher für unwahrscheinlich. Diese könnte es wirklich nur dann geben, wenn gleichzeitig mehrere negative Einflussfaktoren auftreten.

Energieversorgung Südzucker

Die Kampagne 2022/23 wird allen Mitarbeiter*innen im Beschaffungsbereich in Erinnerung bleiben. Neben den Herausforderungen beim Gasbezug und dem Aufbau von alternativen Versorgungs-möglichkeiten für den Fall einer Gasmangellage, gab es auch in anderen Beschaffungsbereichen (z.B. Hilfsstoffe, Verpackungsmaterial etc.) hohe Hürden zu überwinden. Aufgrund der extrem gestiegenen Energiepreise, stellten verschiedene Hersteller von Grundchemikalien ihre Anlagen ab und sorgten damit für Engpässe bei vielen Folgeprodukten.

Daneben gab es massive Behinderungen in der Logistikkette, sodass viele Transporte verspätet oder manchmal komplett ausgefallen sind. Die Papierpreise für einfache Verpackungsprodukte erreichten Preisniveaus, die man so schon lange nicht mehr am Markt gesehen hatte. Nach dem erfolgreichen Abschluss dieser außergewöhnlichen Kampagne gilt der Dank allen Mitarbeitern, denen es mit großem Einsatz gelungen ist, Lieferengpässe zu vermeiden und die Versorgung der Fabriken mit allen benötigten Materialien sicherzustellen.

Kampagne 2023/24

Für die diesjährige Kampagne baut Südzucker auf den im vergangenen Jahr vom Krisenteam erarbeiteten und umgesetzten Maßnahmen auf. Das bereits im vergangenen Jahr gekaufte Heizöl schwer sowie das Heizöl leicht liegen für den Fall der Fälle in den eigenen bzw. angemieteten Tanklagern. Um Probleme mit der Kohleanlieferung durch niedrige Flusspegelstände zu vermeiden, wurde bereits im Frühjahr damit begonnen, die Läger wieder zu befüllen. Mit den Haupt-Lieferanten steht man in engem Austausch, um schnell und zuverlässig auf sich verändernde Marktsituationen reagieren zu können.

Die im vergangenen Jahr umgesetzten alternativen Versorgungskonzepte sowie die vorausschauende Beschaffung im Umfeld fast aller produktionsrelevanter Materialien lassen im Vergleich zum vergangenen Jahr optimistischer und beruhigter auf den Kampagnestart blicken. Da es keine 100%ige Sicherheit gibt, muss aber auch in dieser Kampagne wieder flexibel und in engem Zusammenspiel mit allen Beteiligten auf ungeplante Herausforderungen reagiert und Lösungen gefunden werden.


Ralf Heckmann, Südzucker AG, Zentraleinkauf