Anbau

FOTO: Gettyimages

Erste Erkenntnisse aus dem Projekt FlowerBeet

Blühstreifen in Zuckerrüben

Trägt Nützlingsförderung zur Blattlausbekämpfung bei?

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Erste Erkenntnisse aus dem Projekt FlowerBeet

Blühstreifen in Zuckerrüben

Trägt Nützlingsförderung zur Blattlausbekämpfung bei?

von Dr. Benedict Wieters und Ingo Glockler

Blattläuse können in Zuckerrüben vor allem durch Übertragung von Vergilbungsviren zu Ertragsausfällen führen. Blühstreifen locken vermehrt Nützlinge an. Dadurch wird die Anzahl der Blattläuse reduziert. Im Versuchsjahr 2022 trat aber kein genereller positiver Ertragseffekt von Blühstreifen auf.

Nützlingsförderung durch Blühstreifen

Viröse Vergilbung kann im Zuckerrübenanbau zu starken Ertragsverlusten führen. Die Viren werden dabei durch Blattläuse (v.a. die Grüne Pfirsichblattlaus) übertragen, weswegen zur Ertragssicherung Insektizide angewendet werden.

Im Projekt FlowerBeet liegt der Fokus auf einer alternativen Bekämpfung mittels gezielter Förderung von Nützlingen zur Blattlauskontrolle und auf einer allgemeinen Förderung der biologischen Vielfalt durch überjährige Blühstreifen in Zuckerrübenfeldern. Die Blühstreifen werden im Herbst 2021 vor dem Zuckerrübenanbau angelegt. So haben die Blühpflanzen bei Vegetationsbeginn im Folgejahr einen Entwicklungsvorsprung und kommen dadurch schneller zur Blüte als nach einer Aussaat im Frühjahr. Außerdem bieten die Blühstreifen Insekten frühzeitig einen ungestörten und diversen Lebensraum, da die Blühstreifenfläche bis in den Sommer unbearbeitet bleibt. Das Projekt wird durchgeführt vom Institut für Zuckerrübenforschung (IfZ) in Göttingen in Kooperation mit dem Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB) in Bonn. Weiterhin beteiligen sich der Rheinische Rübenbauer-Verband (RRV), der Landwirtschaftliche Informationsdienst Zuckerrübe (LIZ), und die Landwirtschaftskammer NRW. Die Förderung des Vorhabens erfolgt aus Mitteln der Landwirtschaftlichen Rentenbank.

Drohnenbild des Versuchsaufbaus nach Abblühen der Blühstreifen. Auf jedem Schlag wurden die Bereiche an Blühstreifen, eine Kontrolle in weiterem Abstand (beide ohne Insektizid) und der betriebsübliche Bereich mit möglicher Insektizidbehandlung untersucht. FOTO: IfZ

Versuchsaufbau & Parameter

Um die Wirkung der Blühstreifen zu untersuchen, wurden zwei Varianten von Blühstreifen angelegt: ein Feldrandstreifen mit einer Blühmischung oder drei in den Schlag integrierte Blühstreifen, in denen fünf verschiedene Blühmischungen getestet wurden (Tabelle 1, Abb. 1). Hintergrund für die Versuchsanlage mit integrierten Blühstreifen ist die begrenzte Distanz, welche Nützlinge aus Blühstreifen in die Kultur zurücklegen. Die Blühpflanzen und Sorten wurden so gewählt, dass sie attraktiv für Nützlinge sind und keine Probleme für die Zuckerrüben verursachen (Verunkrautung, Folgewirkungen in der Nachfrucht). Die Blühstreifen wurden mit einer Breite von 6 m über mindestens 200 m Länge angelegt. Auf dem gesamten Feld mit Ausnahme der Blühstreifen wurde betriebsüblicher Pflanzenschutz durchgeführt, allerdings wurden eine Spritzenbreite neben den Blühstreifen keine Insektizide nach der Aussaat angewendet. Auf dem restlichen Feld wurden Insektizide nach Bekämpfungsrichtwerten eingesetzt.

Im Projekt untersucht werden

  • die Entwicklung der Blühstreifen,
  • das Auftreten von Nützlingen und Schädlingen in den Blühstreifen und den angrenzenden Zuckerrüben,
  • die Wirkung von Blühstreifen, Nützlingen und Schädlingen auf die Entwicklung und Ertrag und Qualität der Zuckerrübenpflanzen.

Auf acht Praxis-Feldern im Rheinland und zwei um Göttingen wurden integrierte Blühstreifen angelegt und Ertragsdaten in der zweiten Septemberhälfte mittels Handernten erhoben. Randstreifen wurden auf zwölf Feldern im Rheinland angelegt. Aufgrund unterschiedlicher Effekte der Regionen beziehen sich die Daten auf das Rheinland, Ergebnisse aus Göttingen werden zum Vergleich erwähnt.

Marienkäfer in der Kornblume FOTO: Glöck. Marienkäferlarve auf Zuckerrübe. FOTO: Sodtke.

Blühstreifenentwicklung, Auftreten von Blattläusen und Nützlingen im Jahr 2022

Die meisten ausgesäten Blühpflanzenarten sind gut aufgelaufen und haben den Winter überstanden, im Verlauf des Jahres trat wenig Unkraut auf. Dies lag unter anderem an einer sehr schnellen Entwicklung der Kornblume, welche andere Arten unterdrückt hat. Die ersten Blüten öffneten sich im April, die meisten ab Mitte Mai.

Eine frühe Prädation durch Nützlinge kann der Etablierung von Blattläusen in Zuckerrüben erheblich entgegenwirken und zu einer geringeren Virusausbreitung beitragen. Im Jahr 2022 traten die Blattläuse bereits kurz nach Aussaat zahlreich auf, die Nützlinge dagegen erst später. Daher konnten sich die Blattläuse schnell vermehren und große Populationen bilden (Abb. 2). Die größte Anzahl von Blattläusen wurde zwischen Mitte und Ende Mai beobachtet. Der starke Befall der Zuckerrübenpflanzen war anhand eingerollter und gekräuselter Blätter sehr gut zu erkennen.

Bonitiert wurde in zwei Entfernungen zu den Blühstreifen (3 und 10 m), in einem Bereich ohne Blühstreifen und Insektizid (18 m) und im betriebsüblich behandelten Bereich (38 m). Die Blühstreifen führten teilweise zu einer deutlichen Reduktion der Blattlauszahlen (Abb. 3), die Wirkung der Blühmischungen nahm dabei mit der Distanz ab. Zwischen den Mischungen gab es Unterschiede in der Wirksamkeit, neben Ackerbohnen war die Anzahl der Blattläuse in den angrenzenden Zuckerrüben häufig stark reduziert. Eine klare Empfehlung für einzelne Mischungen lässt sich aber noch nicht ableiten. Insektizidanwendungen haben die Blattlauszahlen stark dezimiert, es kam aber wieder zu neuem Zuflug nach den Behandlungen.

Die Daten zu den Nützlingen werden noch ausgewertet. Erste Auswertungen umfassen Spinnen, Kurzflügler und Laufkäfer als Blattlausprädatoren. Im Saisonverlauf wurden Blattlaus-vertilgende Artengruppen wie Marienkäfer und deren Larven, Laufkäfer, Larven von Schwebfliegen und Florfliegen, Webspinnen und Weberknechte, sowie Schlupfwespen gesichtet. In und an den Blühstreifen wurden dabei vermehrt Nützlinge beobachtet als in größerer Entfernung zu den Blühpflanzen.

Anzahl grüner und schwarzer Blattläuse pro Zuckerrübenpflanze. Ein Punkt zeigt den Mittelwert der gezählten Anzahl Blattläuse/Pflanze an einem Tag auf einem Feld. Die Linien zeigen den Mittelwert mit Standardabweichung über alle Standorte

Auswirkungen auf Vergilbung und Ertrag

Auf den untersuchten Flächen trat in den mit Insektizid behandelten Bereichen keine Vergilbung auf. In den unbehandelten Teilen gab es Vergilbungsnester und je nach Standort waren 2-30 % der Fläche vergilbt (Abb. 4). In den Bereichen an den Blühstreifen war die vergilbte Fläche deutlich reduziert und im Schnitt 50 % geringer als ohne Blühstreifen. Interessanterweise gab es an einigen Standorten trotz hoher Blattlauszahlen keine vermehrten Vergilbungssymptome. Eventuell waren die Blattläuse hier nicht mit Viren beladen oder sie wurden von Nützlingen gefressen, bevor sie das Virus weiter übertragen konnten.

Das unterschiedliche Auftreten von Blattläusen und Vergilbungssymptomen in den Feldbereichen ließen Ertragsunterschiede erwarten. Im Mittel über alle Standorte gab es in Flächen ohne Insektizidanwendung (mit und ohne Blühstreifen) einen signifikant reduzierten Zuckerertrag im Vergleich zu den betriebsüblich behandelten Flächen (2-5 % Verlust). Blühstreifen hatten keinen positiven Effekt auf den Ertrag und zusätzlich reduzieren sie die Zuckerrüben-Anbaufläche.

In der ersten Reihe neben den Blühstreifen blieben die Zuckerrübenpflanzen außerdem so klein, dass sie nicht geerntet werden konnten. An drei von acht Standorten kam es zu erheblichen Ertragsverlusten ohne Insektizid von bis zu 16 %. Auf den zwei Standorten bei Göttingen war der Zuckerertrag ohne Insektizideinsatz 3,4 % geringer, die Blühstreifen hatten aber einen leicht positiven Effekt im Vergleich zur Kontrolle.

Je nach Standort zeigten sich im ersten Jahr unterschiedliche Effekte der Blühstreifen. Blattlausauftreten und Ertragsverluste zeigten keinen eindeutigen Zusammenhang: einige Standorte zeigten trotz hoher Blattlauszahlen kaum Verlust, andere Felder wiesen starke Ertragseinbußen auf. Die Rolle der schwarzen Bohnenlaus war durch das massenweise und sehr frühe Auftreten größer als vorher erwartet. Hier ist noch Forschungsbedarf, um Blattlausauftreten und Ertragsverluste sicherer vorherzusagen und standortangepasste Strategien entwickeln zu können.

Erste Erkenntnisse und Ausblick

Was könnte das für die Praxis bedeuten? Das erste Jahr war geprägt von Extremen in Bezug auf den kontinuierlichen Blattlauszuflug mit sehr hohen Populationsdichten und einer trockenen Vegetationszeit mit hohen Temperaturen. Trockenheit und Hitze können Ertragseffekte durch Vergilbung oder Läusebefall überlagern. An Standorten mit Beregnung kam es teilweise zu erhöhten Ertragsverlusten durch Blattlausaktivität (Saugschäden und Übertragung der virösen Vergilbung).

Trotz der hohen Nützlingsaktivität und der Reduktion der Blattlauszahlen in der Nähe von Blühstreifen zeigte sich nicht der erwartete positive Effekt in den Bereichen mit Blühstreifen. Für die Gesamtbewertung des neuen Anbausystems muss auch der Verlust von Anbaufläche durch die Blühstreifen und mögliche Nachwirkungen von Blühstreifen für die folgenden Kulturen unbedingt berücksichtigt werden.

Die Versuche werden in diesem Jahr wiederholt, da Blühpflanzen, Nützlinge und Blattläuse eine unterschiedliche Entwicklung in verschiedenen Jahren und an unterschiedlichen Standorten aufweisen.

Selbst wenn sich das System in der derzeitigen Form nicht auszahlen sollte, sind die Erkenntnisse wertvoll. Das Anbauverfahren kann im Rahmen des integrierten Pflanzenschutzes mit anderen Maßnahmen kombiniert und weiter optimiert werden, um Kosten und Aufwand zu senken.

Als flexible Schutzmaßnahme gegen Blattläuse und auch andere Schädlinge ist die Förderung von Nützlingen eine grundsätzlich sinnvolle Maßnahme, da sie Populationen von Schädlingen unabhängig von der Verfügbarkeit wirksamer Insektizide regulieren können. Eine allgemeine Förderung der Artenvielfalt von Pflanzen, Insekten und anderen Tieren auf Ackerflächen kann so zu einer Robustheit des Anbausystems gegenüber Störungen beitragen.


Dr. Benedict Wieters Institut für Zuckerrübenforschung, Göttingen

Ingo Glock Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels, Bonn