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Fleischersatz in aller Munde
Erfolgsfaktoren für die Wertschöpfungskette pflanzenbasierter Lebensmittel
Attraktiver Preis, guter Geschmack und überzeugende Qualität

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Fleischersatz in aller Munde
Erfolgsfaktoren für die Wertschöpfungskette planzenbasierter Lebensmittel
Attraktiver Preis, guter Geschmack und überzeugende Qualität
Von Niels E. Hower, Mitglied der Geschäftsführung der BENEO GmbH
Der Absatz pflanzlicher Fleischersatzprodukte ist im Moment leicht rückläufig. Inflation und enttäuschende Geschmacksqualität sind dabei zwei wesentliche Faktoren, die sich negativ auf die aktuelle Entwicklung auswirken.
Das musste auch der Produzent Beyond Meat erfahren. Der amerikanische Hersteller pflanzlicher Fleischersatzprodukte verzeichnete im zweiten Quartal 2023 einen Umsatzrückgang in Höhe von 30,5 Prozent gegenüber dem gleichen Quartal im Vorjahr. Aufgrund dieser enttäuschenden Ergebnisse hat Beyond Meat seine Umsatzprognose für 2023 signifikant nach unten korrigiert. Auch garantiert der Fleischersatzhersteller keinen positiven Cashflow mehr.
Dies ist nur eine von vielen aktuellen negativen Nachrichten aus dem Markt für pflanzliche Fleischersatzprodukte, über die in den vergangenen Monaten berichtet wurde. Da stellt sich schnell die Frage: „Ist der Hype um pflanzliche Produkte vorbei und wie wird sich der Markt für pflanzliche Proteine in Zukunft entwickeln?“
Marktexperten prognostizieren bis 2035 eine Verdopplung der globalen Nachfrage nach tierischen Proteinen. Das wäre ein Nachfragewachstum von 45% in der Zeit von 2015 bis 2035, um den globalen Bedarf decken zu können. Dabei hat sich bereits das Schlachtgewicht der Geflügelproduktion zwischen 2000 und 2020 auf 133 Mio. Tonnen pro Jahr fast verdoppelt. Dieser enormen Nachfrage stehen extreme Einschränkungen und Engpässe auf der Produktionsseite gegenüber, welche die Preise für tierische Proteine mittel- bis langfristig steigen lassen werden. Laut Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) beansprucht die Tierhaltung jetzt schon 77% der landwirtschaftlichen Nutzfläche weltweit. Wo sollen die Herden heranwachsen, um das Nachfragewachstum decken zu können (siehe Abbildungen 1 und 2)
Abb. 1: Landnutzung für die Nahrungsmittelerzeugung (FAO) Quelle: OurWorldInData.org/meat-production

Abb. 2: Globale Fleischerzeugung, UN Food and Agriculture Organization (FAO). Quelle: OurWorldInData.org/meat-production
Proteineffizienz
Obwohl die weltweite Fleischproduktion hocheffizient und sehr entwickelt ist, ist die Proteineffizienz von Fleisch nicht optimal. So liegt die Proteineffizienz bei Hühnerfleisch maximal bei 20%, während ca. 80% des zugefütterten Proteins verloren gehen (siehe Abbildung).
Abb. 3: Alexander et al. (2016). Menschliche Aneignung von Land für Nahrungsmittel: Die Rolle der Ernährung. Globaler Umweltwandel. Quelle: OurWorldInData.org/meat-production
Ein pflanzliches Proteinkonzentrat z.B. aus der Ackerbohne mit einem Proteinanteil von ca. 60% und mehr, welches regional angebaut wird, ist wesentlich effizienter. Deshalb hat die BENEO GmbH einen hohen zweistelligen Millionenbetrag in den Bau einer Mühle in Obrigheim investiert. Diese Anlage kann verschiedene Leguminosen wie Ackerbohne und Erbse zu Proteinkonzentrat und Mehl verarbeiten. Neben den natürlichen Vorteilen der Leguminosen, die Stickstoff aus der Luft binden und somit weniger zusätzlichen Stickstoffdünger im Anbau benötigen, wird bei der Herstellung des Proteinkonzentrats zusätzlich auch kein Wasser benötigt. Ein klarer Vorteil mit Blick auf Nachhaltigkeit.
Mit den deutlichen Effizienzvorteilen pflanzlicher Proteine und der insgesamt ungedeckten Nachfrage nach tierischen Proteinen wird der Markt auch zukünftig weiter um 15-20% jährlich wachsen. Allerdings dürfen sich die Hersteller dieser Produkte nicht nur auf die positive Marktdynamik verlassen, sondern müssen zudem auch noch folgende wesentliche Faktoren verbessern:
Hybride Produkte
Um die Wachstumschancen für den pflanzlichen Fleischersatz nutzen zu können, muss das Geschmacks- und Biss-Profil bei einem vergleichbaren Preis weiter verbessert werden. Sich dabei nur auf rein pflanzliche Produkte zu beschränken, wäre falsch, bedenkt man, dass mehr als 97% der Verbraucherinnen und Verbraucher weiterhin ausschließlich Fleischprodukte essen. Aktuell sehr erfolgsversprechend sind Mischungen z.B. aus Hackfleisch und pflanzlichen Texturaten, die sowohl die Produktionskosten als auch den Fettanteil reduzieren aber den Geschmack beibehalten. Diese Kombination eröffnet große Chancen für den Massenmarkt.
Preis
In Zeiten von Inflation und Stagnation ist ein teurer Fleischersatz in minderwertiger Qualität nur schwer verkäuflich. Hier müssen Marken und Produkte vergleichbar gut und preislich attraktiv sein, um langfristig erfolgreich sein zu können.
Geschmack
Schlechter Geschmack ist bei pflanzlichem Fleischersatz immer noch ein großes Thema. Daher sollten sich Marken und Hersteller auf die Verbesserung des Geschmacks konzentrieren. Im Gegensatz zu Softwareentwicklungen gibt es keine Version 2.0, wenn die Version 1.0 geschmacklich nicht überzeugt.
“Clean Label“
In den vergangenen Jahren hat die Werbekommunikation der Lebensmittelindustrie pflanzen-basierte Produkte eng verzahnt mit „clean“ – transparenten und kurzen Zutatenlisten. Leider wurde in der Realität dieses Versprechen oftmals nicht erfüllt. Hier gilt es, besser zu werden.
Vertrauen aufbauen
Beim pflanzlichen Fleischersatz wurde zu viel versprochen und zu wenig geliefert. Das hat der ganzen Branche geschadet und viel Vertrauen bei Konsumentinnen und Konsumenten verspielt. Ein kontinuierlicher Entwicklungsprozess ist notwendig, um eine langfristige Kundenbindung mit Wiederkäufen zu ermöglichen.
Intelligentes Marketing
Es reicht nicht nur „pflanzlich“ auf die Verpackung zu schreiben. Guter Geschmack und weitere Vorteile müssen gezielt und klar verständlich kommuniziert werden, damit neben Veganern oder Vegetariern die besonders attraktive Gruppe der Flexitarier als Kunden erreicht werden kann.
Diese Punkte in der Wertschöpfungskette pflanzlicher Proteine sind entscheidend, damit der Markt wieder schneller wachsen kann. Um sich aus der Nische zu einem Massenmarkt entwickeln zu können, sind neben den Effizienzvorteilen pflanzlicher Proteine auch Größenvorteile für Skaleneffekte und Vermarktung wichtig. Der weiter steigende Proteinbedarf in den nächsten Jahren ist die Voraussetzung für weitere Investitionen und Entwicklungen für innovativen, schmackhaften und preislich attraktiven pflanzlichen Fleisch- und auch Fischersatz. Dabei steht das Geschmacks- und Biss-Profil neben Preis an erster Stelle. So überzeugt man Konsumentinnen und Konsumenten und baut einen loyalen Kundenstamm auf.
